Dan-Prüfung 2019
11. Oktober 2019

Dan-Prüfung im Budokan. Wann bin ich so weit, wie gut muss oder vielmehr will ich sein. Was bringt es mir, ich trainiere doch so schon regelmäßig und gut. Warum soll ich mir das also antun. Natürlich schaue ich auch auf andere Karateka mit der gleichen Graduierung – kann ich mich guten Gewissens neben sie stellen? Diese Fragen schwirrten immer wieder in meinem Kopf herum, wenn ich im Prüfungsprogramm des Shotokan Kempo Karate weiter blätterte. Zur Beantwortung dieser Fragen kann ich eigentlich gar nicht viel sagen. Meine Antwort kam quasi über Nacht, sie war einfach da. Mir war irgendwann bewusst, dass es nun sein sollte, dass „es“ nicht besser werden wird, wenn ich länger warte und trainiere.

Selbstverständlich ist dies keine einseitige Entscheidung und so trat ich an meinen Sensei Christian Lind heran, um seine Einschätzung zu erfragen und das Vorgehen zu besprechen. Wie sind die einzelnen Aufgaben im Prüfungsprogramm zu verstehen, welche Referenzen muss ich heran ziehen. Und dann ging es los mit der konkreten Vorbereitung. Ich muss sagen, es hat mich einige Überwindung gekostet, die neuen kata zu üben. Im Hinterkopf die Erzählung, dass sich die Meister vergangener Zeiten auf viel weniger Formen konzentrieren, ich nach der Vorbereitung aber den Ablauf von 24 Karate kata und 7 Kobudo kata beherrschen sollte. Zu dem habe ich mich gerade sehr damit angefreundet, nach den Oyo-Formen der fünf Heian kata ausgiebig die Oyo-Formen der Tekki, Bassai und Kanku kata mit Varianten zu üben und studieren.

Es gelang mir irgendwann erfolgreich diese Barriere zu überwinden und mich auf die Abläufe zu konzentrieren. Aber so einfach, wie in „jungen“ Jahren, fiel es mir nicht, die Formen abzuspeichern. Ich musste mich mit Tricks und Kniffen „zwingen“ die Abfolgen nicht nur in Sequenzen abzurufen, sondern auch flüssig im richtigen Rhythmus aneinander zu Reihen.

Anfangs gelang es mir gut, Stück für Stück meines Prüfungsprogramms abzuarbeiten, genau so wie der berühmte Straßenkehrer Beppo aus der Geschichte MOMO. Seine Arbeit erklärt er so, dass er immer eine Platte nach der anderen fegt. Seinem Rat folgend blickte ich nicht auf, um zu sehen,wie viel noch vor mir lag. Ich arbeitete so lange an einer Form oder Übung, bis ich mich damit wohl fühlte, dann ging ich zur nächsten über.

Als der Prüfungstermin näher rückte, wollte ich dann aber doch einen Überblick über das Gelernte bekommen. Wo waren noch (oder wieder) Unsicherheiten, wo gab es etwas abzuklären. Im Budokan kamen dann die Korrekturen durch Ursel, Christian und Matthias hinzu. In meinem Kopf begann es zu rauchen. Es tauchten Bilder auf mit Details einer Kata, mit Korrekturen einer Kumite Form, mit Hinweisen zum Freikampf. Aber immer wenn ich das Bild fassen wollte, wenn ich es als verstanden abspeichern wollte, verschwand es wieder im Nebel. Ich kam mir vor wie Momo, umringt von den grauen Herren, die ihren Zigarrendunst direkt in meinen Kopf bliesen. Und als ob sie mir auch meine Zeit stahlen, kam Panik auf, das es jetzt doch nicht mehr reicht und ich vor lauter Qualm in der Prüfung nichts mehr finde von dem, was ich geübt habe.